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Schmerzen

Keiner möchte Schmerzen, auch nicht unsere Tiere. Vor allem chronische Schmerzen können zu anhaltendem Stress führen und wirken sich auf den gesamten Körper aus. Mögliche Folgen von Schmerzen sind Schonhaltungen, aber auch Verhaltensänderungen, ambivalentes Verhalten (Spielaufforderung zusammen mit Knurren), Immunsuppression, Herzprobleme und weitere organische Erkrankungen.

Schmerzen werden durch Mechanorezeptoren, die Nozizeptoren an das Zentrales Nervensystem (ZNS) und dann an das Gehirn gesendet. Dort wird die Information verarbeitet und als Schmerz wahrgenommen. Nozizeptoren finden sich in allen Geweben des Körpers, außer dem ZNS und der Leber. Das heißt unsere Tiere empfinden im Gehirn, dem Rückenmark und der Leber keine Schmerzen. Durch eine fortgeschrittene Lebererkrankung entstehende Schmerzen sind z.B. auf die Ausdehnung der Leber und damit dem Dehnungsreiz im umliegenden Gewebe zurückzuführen. Die Nozizeptorendichte unterscheidet sich in den einzelnen Gewebe, in den Pfoten ist sie - wie bei Händen und Füßen -  am dichtesten.

Entstehen z.B. durch ein akutes Trauma Schmerzen im Bewegungsapparat kommt es in diesem Bereich auf Grund der Schmerzreize zu Muskelverspannungen. Diese führen zunächst zur strukturellen Verengung (Vasokonstriktion) der Gefäße. Die Versorgung des Gewebes verschlechtert sich dadurch. Es entsteht eine Sauerstoffmangelsituation und Stoffwechselabbauprodukte können nicht mehr abtransportiert werden. Beides ist im verletzten Gewebe aber essentiell, um eine schnelle Heilung zu gewährleisten. Bleibt die Unterversorgung des Gewebes bestehen entstehen neue Schmerzen und Verspannungen. Somit befindet sich das Gewebe in einer Abwärtsspirale.

Bleiben Schmerzreize über einen langen Zeitraum bestehen (chronischer Schmerz) steht der Organismus unter Stress und der Sympathikus wird aktiviert. Dadurch wird u.a. vermehrt Cortisol ausgeschüttet und die Blutgefäße auch hormonell verengt. So kommt es zur Unterdrückung von Heilungsprozessen im Gewebe und die Schmerzspirale schreitet weiter voran.

Wie können wir also diesen Schmerzkreislauf durchbrechen?

Als Mama von 3 Kindern kenne ich die lindernde Wirkung von Pflastern nur zu gut. Und diese Linderung ist nicht nur durch die gestiegene Hinwendung (Oxytocinausschüttung) zu erklären, sondern auch durch weitere Mechanosensoren in der Haut.

Neben den Nozizeptoren finden sich dort Vater-Pacini Körperchen (Vibrationswahrnehmung) und Ruffini- bzw. Meissner Körperchen (Druckempfindungen) und Merkelzellen (Berührung). Informationen dieser Sensoren werden über die "Autobahn" an das Gehirn gesendet, während die Informationen der Nozizeptoren auf der "Bundesstraße" unterwegs sind. Des weiteren wird der Schmerzreiz durch weitere sensorische Wahrnehmung überlagert und somit nicht mehr so stark wahrgenommen. Die Schmerzen sind also rein objektiv nicht mehr so stark vom Organismus wahrnehmbar. Das heißt durch bloßes Hand auflegen oder eben ein Pflaster kann ich Schmerzen zumindest ein wenig lindern.

Dieses Prinzip ist vor allem bei chronischen Erkrankungen des Bewegungsapparates eine wundervolle Möglichkeit den Tieren Linderung zu verschaffen. Über Massagen, Vibrationstherapie, Wärme, gezielte Dehnung und andere Techniken kann der Schmerz aus der "Wahrnehmung" verdrängt werden. Gerade bei chronischen Schmerzen ist der Sympathikus dauerhaft aktiv mit Auswirkungen auf den gesamten Körper (Herz, Blutdruck, Niere, Verdauungstrakt, Immunsystem etc.). Eine Schmerzlinderung ist für unsere Tiere also insgesamt eine große Erleichterung. Werden diese Anwendungen regelmäßig wiederholt, wird der Schmerz sogar auch nach der Behandlung eine gewisse Zeit nicht mehr gespürt. Bei manchen Patienten ist dadurch eine dauerhafte Schmerzfreiheit möglich.

Bestehen Schmerzen über einen längeren Zeitraum kann es zum sogenannten Schmerzgedächtnis kommen. Der Auslöser ist beseitigt, das Tier müsste eigentlich keine Schmerzen mehr haben und doch nimmt das Tier subjektiv noch Schmerzen im betroffenen Gewebe wahr. Auch hier kann die Physiotherapie durch gezielte Übungen entgegenwirken. Auch der Einsatz von Schmerzmitteln ist eine gute Möglichkeit, um das Schmerzgedächtnis zu durchbrechen bzw. es nicht entstehen zu lassen.

Fazit ist also, dass durch Physiotherapie Schmerzen effektiv gelindert werden können. Durch das Ansprechen weiterer Rezeptoren in der Haut wird die Wahrnehmung des Schmerzes überlagert und kann bei regelmäßiger Anwendung komplett verschwinden.

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