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Der Futtermittel-Dschungel

Der Futtermittel-Dschungel erscheint oft unendlich und natürlich hat jeder Hersteller nur das Beste für mein Tier. Allerdings hat jedes Tier individuelle Ansprüche an sein Futter - z.B. Krankheit, Alter aber auch die Ansprüche der Halter sind wichtige Faktoren. Um eine erste Auswahl zu treffen, sollte man sich zunächst entscheiden, welche Futterart gefüttert werden soll - Trockenfutter, Feuchtfutter oder Halbtrockenfutter. Jedes Futter hat seine Vor- und Nachteile.

Trockenfutter ist sehr einfach im Handling, gut lagerungsfähig und es gibt wenig Geruchsbelastung. Um das Futter in Form zu halten, ist allerdings ein gewisser Kohlehydratanteil erforderlich. Außerdem ist die Futtermilbenbelastung gerade bei Hunden mit Unverträglichkeiten immer im Hinterkopf zu behalten. Kaltgepresstes Trockenfutter gilt als hochwertigeres Trockenfutter durch die niedrigeren Temperaturen bei der Pellettierung. Da das Futtermittel aber bereits vorher zur Konservierung erhitzt werden muss, bleiben auch hier nicht mehr Nährstoffe zurück. Wichtig ist daher mehr auf eine allgemein schonende Verarbeitung während des Herstellungsprozesses zu achten.

Wird das Trockenfutter oft nicht so gern von den Tieren gefressen, reicht die Akzeptanz des Halbtrockenfutters an die des Feuchtfutters heran. Die Lagerung und das Handling ist ebenso einfach wie die des Trockenfutters. Durch den hohen Feuchtigkeitsgehalt und damit guten Nährboden für Schadkeime ist in diesen Futtermitteln jedoch ein hoher Zusatz an Konservierungsstoffen oder Zucker nötig.

Das Feuchtfutter hat bei den Tieren die höchste Akzeptanz, ist meist jedoch relativ teuer im Vergleich zum Trocken- oder Halbtrockenfutter. Je nach Hundegröße fällt außerdem viel Müll an. Durch eine schonende und gute Verarbeitung können jedoch Nährstoffe erhalten und auf Konservierungsstoffe weitestgehend verzichtet werden. Die Zusammensetzung des Futters ist frei wählbar, da das Futter nicht in Form gebracht werden muss.

Hat man sich für eine Futtersorte entschieden gibt es als nächste Auswahlhilfe die Weender Analyse. Diese Analyse unterteilt das Futtermittel in Stoffklassen. Jede dieser Klassen beschreibt das Futtermittel allein an Hand der Quantität der Inhaltstoffe, nicht jedoch die Verfügbarkeit, Wertigkeit oder Qualität. Dieses Verfahren ist international gleich und so können verschiedene Futtersorten schnell und einfach oberflächlich verglichen werden.

Durch ein Trocknungsverfahren wird zunächst das Rohwasser von der Trockensubstanz getrennt. Die Trockensubstanz ist dann aufteilbar in die anorganische und die organische Substanz.

Die anorganische Substanz oder auch Rohasche beinhaltet Spuren- und Mengenelemente, Sand, Ton etc. Ein hoher Rohaschegehalt kann die Enzymaktivität im Verdauungstrakt und somit die Gesamtverdaulichkeit des Futters vermindern. Außerdem belastet ein hoher Rohaschegehalt die Nieren, was besonders bei Welpen Beachtung finden sollte. Der Gehalt sollte kleiner als 5% in der Trockensubstanz sein.

Die organische Substanz wird anschließend in 4 Stoffgruppen unterteilt. Das Rohprotein, Rohfett, die Rohfaser und die stickstofffreien Extraktionsstoffe. Das Rohprotein beinhaltet sowohl tierische als auch pflanzliche Proteine aus allen Quellen. So enthalten z.B. Haare prozentual deutlich mehr Protein als Muskelfleisch, dieses ist aber für den Organismus sehr viel schlechter verwertbar. Außerdem gibt der Rohproteinwert keine Information über die Aminosäurezusammensetzung des Proteins und damit keine Information bezüglich der optimalen Versorgung des Organismus mit essentiellen Aminosäuren. Da die Aminosäuren als Bausteine im Körper dienen, kann eine sehr eiweißarme Kost zu mannigfachen Problemen führen. Auf die Versorgung von Katzen mit Taurin ist hier besonderes zu achten. Die Rohfett-Gruppe ist ebenso wie das Rohprotein nur ein Hinweis auf die allgemeine Menge an Fett im Futter. Ob alle essentiellen Fettsäuren im Futtermittel vorhanden sind bzw. wie genau die Fettsäurezusammensetzung ist, ist nur durch die Auflistung der Inhaltsstoffe ersichtlich. Als Faustregel gilt jedoch, dass der Rohfettanteil mindestens 5% der Trockensubstanz betragen sollte. So kann eine Versorgung des Organismus mit essentiellen Fettsäuren angenommen werden.

Die Gruppe der Rohfasern findet oft wenig Beachtung, jedoch ist gerade sie enorm wichtig für die Darmgesundheit. Denn genau diese Gruppe beinhaltet die sogenannten Ballaststoffe, von den Tieren unverdauliche Nahrungsbestandteile aus pflanzlichen Lebensmitteln. Sie dienen zum einen der Anregung der Magen-Darmmotiliät und der natürlichen Darmflora als Nahrung. Sie sind somit essentiell für eine stabile und funktionierende Verdauung. Aber auch hier kommt es auf die Menge an - 3% der Trockensubstanz sollten nicht überschritten werden. Höhere Mengen beeinträchtigen die Gesamtverdaulichkeit der Nahrung.

Die letzte Gruppe sind die stickstofffreien Extraktionsstoffe (NfE). Der prozentuale Anteil befindet sich nicht auf dem Etikett, kann aber leicht berechnet werden (100 - (Rohwasser (Feuchtigkeit) + Rohprotein + Rohasche + Rohfett + Rohfaser). Hier werden die Kohlehydrate (Zucker, Stärke, Glykogen etc.) zusammengefasst. Ein hoher Anteil an NfE kann zu Fehlgärungen im Darm führen und die Verdauung negativ beeinflussen. V.a. bei der Katze sollte diese Stoffgruppe besondere Beachtung finden. Sie ist anders als der Hund ein reiner Fleischfresser und hat eine Kohlehydrattoleranz von nur 5g/kg Körpergewicht am Tag.

Um also das Futtermittel genau auf die Bedürfnisse meines Tieres abstimmen zu können, reicht die Weender Analyse nicht aus. Sie kann aber zur Vorauswahl der in Frage kommenden Futtermittel dienen. Anschließend kann durch die Deklaration der Inhaltstoffe weiter selektiert werden.

Die Deklaration - Gruppen- oder Einzeldeklaration bzw. geschlossene oder offene Deklaration - erfolgt immer in absteigender Menge. Der erste Inhaltsstoff ist also mengenmäßig auch am meisten im Futter enthalten. Eine Angabe von Prozenten ist nicht zwingend erforderlich. Die Gruppendeklaration/geschlossene Deklaration fasst Bestandteile in Obergruppen zusammen (Gemüse, Obst, Rind). Für mich als Verbraucher sind somit jedoch die genauen Inhaltsstoffe nicht ersichtlich und die Zusammensetzung der einzelnen Chargen können sich unterscheiden. Die Einzeldeklaration/offene Deklaration dagegen führt alle enthaltenen Bestandteile auf. Hersteller können so aber auch minderwertige Stoffgruppen etwas "untergehen lassen". Indem jeder einzelne Inhaltsstoff deklariert wird, rutschen sie weiter nach unten in der Liste. In diesem Zusammenhang ist auch der Inhaltsstoff "Frischfleisch" im Trockenfutter zu nennen. Sind alle anderen enthaltenen Bestandteile bereits getrocknet, steht das Frischfleisch zunächst an erster Stelle der Inhaltsstoffliste. Bedenkt man jedoch, dass das Fleisch während der Verarbeitung ebenfalls getrocknet werden muss (von 100g bleiben am Ende ca. 35g übrig), rutscht der Fleischanteil somit weiter nach hinten. Ein weiterer kleiner aber feiner Unterschied ist das Tiermehl bzw. das Tierfleischmehl. Während das Tierfleischmehl ein sehr hochwertiges Nahrungsmittel ist (es darf nur aus Fleisch hergestellt werden), ist das Tiermehl eher minderwertig. Hier werden alle Teile des Tieres verwertet, auch Klauen, Federn, Hufe, Haare etc. Und wie bereits bei der Weender Analyse erwähnt, besitzen z.B. Haare aber auch Federn und Hufe einen höheren Proteinanteil als Muskelfleisch. Dieses ist allerdings nicht nur Großteils unverdaulich, sondern kann durch die mikrobielle Zersetzung im Dickdarm und deren Abbauprodukte die Leber und den Darm selbst belasten.

Die prozentuale Angabe einzelner Inhaltsstoffe in der Zusammensetzung ist nicht zwingend erforderlich, nur dann wenn diese explizit auf dem Etikett durch Worte, Grafiken oder anderweitig beworben werden (Verordnung (EG) Nr. 767/2009). Angelehnt an den "FEDIAF Labeling Code 2019" kann man auch die verwendete Wortwahl zur Vorauswahl nutzen. Diese Schlagworte könnt ihr mit folgenden prozentualen Inhaltsmengen in Verbindung bringen. Umgerechnet in absolute Mengen (siehe Bild) versprechen die Schlagworte teils mehr als am Ende vorhanden ist. 

  • mit Rindergeschmack: 0-4%
  • mit/enthält Huhn:  mindestens 4%
  • mit viel/reich an/mit extra Pferd: mindestens 16%
  • Lammmahlzeit/Lammmenü/Lamm: mindestens 26%
  • reines Huhn/Huhn pur: 100%

Wie erkenne ich also nun gutes Futter?

Eine gute und offene Deklaration ist wichtig, um das Futtermittel optimal an die Bedürfnisse und Vorlieben meines Tieres anpassen zu können. Eine Vorauswahl ist an Hand der Schlagworte oder der Weender Analyse schnell getroffen. Die geschlossene Deklaration erlaubt dem Hersteller etwas Flexibilität in der Zusammensetzung, kann für sensible Hunde allerdings problematisch sein. Viele Zusatzstoffe deuten teils auf minderwertige Zutaten oder eine schlechte Verarbeitung hin. Auf sie sollte aber auch auf Grund des Allergiepotentials verzichtet werden. Außerdem ist darauf zu achten, dass durch die entsprechenden Mengen an Inhaltsstoffen die Nährstoffbedürfnisse meines Tieres gedeckt werden bzw. bestimmte Obergrenzen nicht überschritten werden.

Und am Ende entschiedet euer Tier - denn es gibt nicht das perfekte Futter für jede Tierart, nur das perfekte Futter für eure Fellnase. Viel Spaß beim Suchen ;-).

Ich helfe euch gerne bei der Auswahl des richtigen Futters - ob selbst zusammengestellte Ration oder kommerzielles Futter. Wir finden das Richtige für dein Tier.

Das Video zum Artikel findet ihr wie immer auf meinen Social Media Kanälen. Folgt mir dort für mehr Informationen rund um eure Fellnasen.