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Entwurmung - ja wie denn jetzt?

Der Infektionsdruck mit gastrointestinalen Parasiten für Hunde ist in Deutschland zwar nicht extrem hoch, dennoch sollte sich jeder Tierbesitzer darüber Gedanken machen. Vor allem, da viele von ihnen zu den Zoonosen gehören, also auch auf den Menschen übergehen können. Die Parasiten können zu Symptomen wie Gewichtsverlust, gastrointestinale Problemen, Anämien oder auch schweren lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Angesichts dieser Gefahren erscheint das regelmäßige Entwurmen also sinnvoll, oder? Oder gibt es auch noch andere Methoden, um diesem Risiko zu begegnen? Oder spricht auch etwas gegen regelmäßige Wurmkuren?

 

Zusammensetzung und Wirkung von Wurmkuren:

Wurmkuren bestehen aus verschiedenen Anthelminthika. Sie zielen darauf ab, parasitäre Würmer im gastrointestinalen Trakt oder anderen Geweben zu eliminieren. Zu den häufig verwendeten Wirkstoffen gehören Benzimidazole (Fenbendazol, Albendazol etc.), makrozyklische Lactone (Ivermectin, Milbemycin etc.) oder Praziquantel (speziell gegen Bandwürmer). Sie stören entweder die metablischen Prozesse der Würmer oder verursachen eine Lähmung ihres Nervensystems und das führt letzendlich zum Tod.

  • Benzimidazole: Sie stören die Mikrotubuli-Strukturen in den Zellen und führen so zu Funktionsstörungen im Verdauungssystem der Parasiten.
  • makrozyklische Lactone: Sie sind Neurotoxine, die die Signalübertragung zwischen den Nervenzellen beeinträchtigen. Die gelähmten Würmer werden dann aus dem Darm ausgeschieden.
  • Praziquantel: Dieser Stoff öffnet Kalzium-Kanäle in der Muskulatur der Bandwürmer und letztendlich zur Zerstörung dieser führt.

Wichtig ist jedoch zu wissen, dass diese Wirkstoffe immer wirken, wenn die entsprechenden Strukturen vorhanden sind. Also all diese Effekte auch im Organismus des Hundes und der guten Darmbakterien ablaufen. Führt man sich diesen Aspekt vor Augen, erscheint die regelmäßige Entwurmung "zur Vorsorge" schon nicht mehr ganz so attraktiv. Denn eine intakte Darmflora ist ein entscheidender Gesundheitsfaktor für unseren Organismus und auch für den des Hundes. Somit ist es nicht verwunderlich, das Wurmkuren zu zahlreichen Nebenwirkungen führen können.

  • Störung des Darm-Gleichgewichts: Wurmkiuren stören massiv die Darmflora, da sie nicht nur Würmer bekämpfen, sondern auch auf die "guten" Darmbakterien wirken. Dies führt zu einer vorübergehenden Dysbiose. Gerade bei sensiblen Hunden mit Vorerkrankungen im Gastrointestinalen Trakt können Wurmkuren aber auch eine dauerhafte Verschiebung der Darmflora bewirken und eine langfristige Darmbehandlung nötig machen.
  • verminderte Vielfalt der Darmflora: Einige Studien legen nahe, dass die regelmäßige Gabe von Wurmkuren die Vielfalt der Darmbakterien verringern kann. Dies kann erheblichen Einfluss auf das Immunsystem und den Gesundheitszustand der Hunde nehmen.
  • langfristige Auswirkungen: Es ist noch unklar, ob die wiederholte Gabe von Wurmkuren eine langfristige Veränderung der Darmbakterien zur Folge hat. Wichtig ist hier immer zu bedenken, dass die "guten" Bakterien im Darm dort eine entscheidende Rolle für den Organismus spielen. Sie produzieren lebenswichtige Vitamine, produzieren Stoffe zur Abwehr pathogener Faktoren, dienen als Platzhalter und damit Barriere vor potenziellen Krankheitserregern und ernähren mit ihren Stoffwechselendprodukten zum Teil die Darmzellen. Eine Verschiebung der Darmflora kann also enormen Einfluss auf das Wohlbefinden des Hundes haben.

 

Mögliche Alternativen:

Neben schulmedizinischen Wurmkuren gibt es auch alternative Ansätze zur Entwurmung. Diese enthalten meist spezielle Öle oder Kräuter. Hier sind es v.a. die ätherischen Öle, die eine Wirkung auf die Würmer nehmen.

  • Oregano: Es enthält Thymol und Carvacrol, zwei Verbindungen die für ihre starke antimikrobielle Eigenschaft bekannt sind. Hier wird angenommen, dass sie Parasiten abtöten und deren Wachstum hemmt.
  • Knoblauch: Er wird oft als natürliches Entwurmungsmittel für Hunde empfohlen. Das enthaltene Allicin hat eine nachgewiesene antimikrobielle Eigenschaft.
  • Nelke: Das Öl enthält Eugenol. Es wirkt gegen verschiedenste Arten von Parasiten einschließlich Darmparasiten wie Giardien und Würmer.
  • Zimt: Zimtöl mit dem Wirkstoff Cinnamaldehyd hemmt das Wachstum von Parasiten im Magen-Darm-Trakt und kann Entzündungen reduzieren.

Bei Verwendung von Kräutern sollten jedoch ebenfalls einige Aspekte bedacht werden. Von der Schulmedizin werden diese Ansätze kontrovers diskutiert, wenn sie auch in der Praxis bereits oft wirksam eingesetzt werden. Zu beachten ist jedoch, dass ätherische Öle definitiv nicht bei Katzen eingesetzt werden sollten. Aber auch bei Hunden ist die Einnahme zu hoher Mengen ätherischer Öle toxisch. So sind z.B. bereits 5g Knoblauch pro kg Körpergewicht pro Tag toxisch. Die Einhaltung der auf der Packung angegebenen Dosierung oder die Absprache mit einem Fachmann ist also unabdingbar. Leider wirken aber auch die ätherischen Öle nicht spezifisch auf Parasiten, sondern auf alle im Darm vorkommenden Organismen. Und somit ist auch hier mit ähnlichen Nebenwirkungen wie bei schulmedizinsichen Wurmkuren zu rechnen.

 

Gibt es also noch eine Möglichkeit?

Um also nicht sinnlos in den Verdauungstrakt des Hundes einzugreifen, können in regelmäßigen Abständen Kotproben eingeschickt und untersucht werden. Hier werden entweder die Eier oder Parasiten selbst nachgewiesen und eine Entwurmung kann streng nach Indikation erfolgen. Denn liegt ein aktueller Wurmbefall vor, so ist eine Entwurmung (ob mit ätherischen Ölen, Kräutern oder schulmedizinisch) definitiv anzuraten. Zwar sind diese Untersuchungen nicht zu 100% sicher, da es auch Tage gibt, an denen keine Eier/Parasiten trotz Wurmbefall ausgeschieden werden, jedoch ist gerade bei sensiblen Tieren der Einsatz von Wurmkuren/ätherischen Ölen oft kontraindiziert.

 

Also wie denn jetzt?

 Welcher Weg nun der richtige ist, ist von verschiedenen Faktoren abhängig:

  • Alter
  • Gesundheitszustand des Hundes
  • Lebensstil
  • epidemiologische Situation in der Region
  • Kontaktpersonen

Frisst mein Hund viel Unrat, ist eine regelmäßige Wurmvorsorge sicherlich sinnvoll. Aber auch hier kann eine regelmäßige Kotprobe den Einsatz von Anthelminthika oder Kräutern reduzieren. Denn so können sie gezielt eingesetzt werden, wenn ein akuter Befall nachgewiesen wurde. Besucht mein Hund mit mir regelmäßig Schulen, Altersheime oder Krankenhäuser, ist eine regelmäßige Wurmkur oft vorgeschrieben und damit unumgänglich. Hier sollte vermehrt auf eine entsprechende Pro- und Präbiotische Fütterung geachtet werden, um den Einfluss so gering wie möglich zu halten.

Leider ist vielen Besitzern auch nicht bewusst, dass eine Wurmkur keine Vorsorge vor Würmer ist. Mit Gabe der Tablette ist mein Hund JETZT wurmfrei, kann sich aber bereits am nächsten Tag beim Spaziergang erneut anstecken. Das heißt eine regelmäßige Entwurmung schützt meinen Hund also keineswegs vor einer Ansteckung bis zur nächsten Tablette.

 

 

Ein letzter Aspekt, der in dieser Diskussion oft nicht berücksichtigt wird, ist die Ausbildung von Resistenzen. Vielen ist dieser Begriff im Zuge von Antibiotikaresistenzen mehr bekannt. Allerdings gibt es mittlerweile auch im Darmbereich Parasiten mit Resistenzen, die auf normale Wurmkuren nicht mehr ansprechen. Dies liegt mit unter daran, dass Wurmkuren ohne entsprechende Indikation verabreicht werden und sollten ebenfalls in die Entscheidung mit einbezogen werden. Die Ausbildung von Resistenzen sind auch der Grund, warum nach einer Wurmkur immer eine Nachkontrolle erfolgen sollte, ob die Tiere nun Parasitenfrei sind.

 

Auch bei mir in der Tierpraxis könnt ihr leicht Kotuntersuchungen machen lassen. Je nach Vorliebe arbeite ich mit 2 verschiedenen Labors zusammen - VetScreen oder enterosan. Ich schicke euch die Teströhrchen gerne zu und ihr könnt sie selbst an das Labor verschicken. Sprecht mich gerne darauf an. Bei Fragen zum Thema stehe ich natürlich wie immer gerne zur Verfügung.